Franz Markau (1881-1968) – Aspekte seines Lebenswerks
Der 1881 in Berlin geborene Maler Franz Markau leitete von 1926 bis 1945 die Fachabteilung für Dekorationsmalerei an der Kunstgewerbeschule Erfurt, anschließend arbeitete er als freischaffender Künstler in Weimar. Mit seinem umfangreichen bildnerischen Schaffen zählt Markau zu den bedeutenden Thüringer Künstlern des 20. Jahrhunderts.
Das Interesse an der Steigerung von Farbwirkungen bestimmte in besonderer Weise Markaus künstlerische Arbeit, von den expressionistischen Bildern der Jahre 1916-1923 über das auch impressionistische Werk der 1930er und 1940er Jahre bis zu seinen ganz aus der Farbe entwickelten späten Bildern. Sein Schüler Otto Knöpfer bezeichnete ihn als einen unter seinen Zeitgenossen „einzigartigen Farbenkünstler“, in dessen Werk die Farbe nicht nur Gestaltungsmittel ist, sondern auch einen symbolischen Charakter gewinnt.
Auch in maltechnischer Hinsicht war Franz Markau ein besonders vielseitiger Künstler, neben Öl-, Gouache- und Temperabildern entwickelte er eine Affinität zur Aquarell- und Pastelltechnik. Eine besondere zeichnerische Begabung zeigt sich in seinen sensiblen Figuren- und Porträtstudien. Über alle Vielfalt seines Schaffens hinweg war das nahe Umfeld – die Familie und die städtische und ländliche Umgebung – eine Hauptmotivquelle, aus der er schöpfte. So kontinuierlich wie wenige Künstler hat Markau das Sujet des Kinderbildes gepflegt. In seinem späten, von der Beschäftigung mit Rudolf Steiners anthroposophischer Farbenlehre und einer Hinwendung zu religiösen Themen geprägten Werk, steigert Markau die Farbigkeit seiner Bilder zu einer leuchtenden, visionären Wirkung.
Auf Anregung von Dr. Anselm Räder, der den Nachlass seines Großvaters seit Jahren aufarbeitet, weist das Kunstmuseum der Landeshauptstadt fünfzig Jahre nach seinem Tod erneut auf dieses bemerkenswerte Œuvre hin. Die Retrospektive mit über 190 Gemälden, Aquarellen, Pastellen und Zeichnungen aus dem Zeitraum zwischen 1899 und 1967 gewährt Einblicke in wichtige Aspekte seines Schaffens, veranschaulicht künstlerische Prägungen, stilistische Entwicklungen und Variationen. Der überwiegende Teil der Exponate kommt aus dem Nachlass des Künstlers; aber auch Bilder aus den Erfurter Sammlungen kann man betrachten, aus Museen in Eisenach, Mühlhausen und Berlin, aus dem Kloster Alexanderdorf, der Sammlung Gerhard Schneider, Olpe und Solingen und aus Privatsammlungen in Berlin, Erfurt, Frankfurt/Main, Friedrichroda, Herborn, Korbach, Leipzig, Nürnberg, Warendorf, Weimar und Würzburg.
Aus ärmlichen Verhältnissen stammend, nahm Markau 1896 eine Lehre als Anstreicher auf, bestand im April 1900 die Gesellenprüfung und begab sich auf Wanderschaft ins Rheinland. Sein großes bildnerisches Talent wurde früh erkannt, denn von 1901 bis 1903 erhielt er an der Königlichen Kunstschule Berlin Unterricht und konnte nach einer Unterbrechung wegen Militärdienst von 1905 bis 1911 an der Unterrichtsanstalt des Königlichen Kunstgewerbemuseums Berlin bei Prof. Bruno Paul und Prof. Max Koch studieren. Ab 1912 war er als Dekorationsmaler tätig, wurde jedoch von 1914 bis 1918 als Soldat nach Russland und Mazedonien geschickt. Aus dieser Zeit sind einige Zeichnungen und sogar Gemälde erhalten geblieben. Vom Sommer 1919 bis zum Frühjahr 1920 konnte er als Leiter der vom Wirtschaftlichen Verband Bildender Künstler e. V. Berlin veranstalteten und vom preußischen Kultusministerium geförderten Juryfreien Ausstellung ehemals feldgrauer Künstler seine freien Arbeiten erstmals öffentlich präsentieren.
In den 1910er-20er Jahren orientierte sich Markau zeitweise an Künstlern des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit. Auch das Werk von Käthe Kollwitz blieb stilistisch nicht ohne Einfluss. Mit ihr teilte er außerdem sein großes Interesse für intime familiäre Sujets, für Figurenkonstellationen wie Mutter und Kind oder psychologisch sensible Studien von Kleinkindern. Daneben entwickelte er ein ausdrucksstarkes Porträtwerk. In Erfurt kamen farbbetont-atmosphärische Landschaften mit Motiven aus der Stadt und der Umgebung hinzu. Beides traf auf großes Interesse beim einheimischen Publikum. An der Kunstgewerbeschule, wo er 1929 zum Professor berufen wurde, war Otto Knöpfer einer seiner talentiertesten Schüler. Markau unternahm Studienreisen nach Italien, Kroatien und Tirol und führte weiterhin zahlreiche Wandbildaufträge aus. Als 1933 die Nationalsozialisten die Macht ergriffen, passte er sich den neuen Bedingungen an. Im Juni 1945 wurde er aus dem Lehramt entlassen, zog nach Weimar und arbeitete nun freischaffend als Maler und Grafiker. Zu Beginn der 1950er Jahre blieb er nicht von den Formalismusdebatten der jungen DDR-Kulturpolitik verschont, wandte sich jedoch verstärkt auch wieder der anthroposophischen Lehre zu, die sein Spätwerk thematisch und farblich prägt. Er malte Altargemälde für Gemeinden der Christengemeinschaft in Mittel- und Ostdeutschland, aber auch Bilder im Eigenauftrag, in denen er die symbolische Farbenlehre Rudolf Steiners entfaltete und paraphrasierte.
Markau entwickelte stilistisch wie auch technisch ein vielseitiges Werk, das von der raumgreifenden dekorativen Wandgestaltung bis zum einfühlsamen Kinderbildnis ein breites Spektrum bildkünstlerischer Äußerung umfasst. So intensiv wie wenige Künstler hat Markau das Sujet des Kinderbildes gepflegt. Schon seine Zeitgenossen bemerkten zudem seine besondere Stärke als Maler, der Farbe als Ausdruck inneren Erlebens verstand und gestaltete. Er war aber auch ein begabter Zeichner, wie eine Auswahl aus dem grafischen Nachlass in unserer Ausstellung belegt. Heute mag Markau vielen Menschen unbekannt sein, dabei stellte er bis ins hohe Alter regelmäßig in Erfurt und in Weimar aus. Er gehört sogar zu den wenigen Künstlern, deren Werk noch in deren Lebenszeit anlässlich hoher runder Geburtstage kontinuierlich in Personalausstellungen des städtischen Museums in Erfurt, dem heutigen Angermuseum, präsentiert wurde.
Zur Ausstellung erscheint im Mitteldeutschen Verlag ein umfangreiches Buch mit Textbeiträgen und zahlreichen farbigen Abbildungen.
Eröffnung
- Samstag, 27. Januar, 16 Uhr
Kuratorenführungen
- Sonntag, 4. Februar, 11 Uhr
- Sonntag, 25. Februar, 15 Uhr
- Sonntag, 11. März, 15 Uhr
- Sonntag, 8. April, 11 Uhr
Vorträge und Gespräche
- Dienstag, 13. Februar, 18 Uhr: „Franz Markau als Zeichner“ – Vortrag von Prof. Dr. Kai Uwe Schierz
- Dienstag, 20. Februar, 18 Uhr: „Nähe + Distanz. Bildende Kunst in der DDR“ – Präsentation des Buches durch den Autor, Prof. Dr. Bernd Lindner, Leipzig.
- Dienstag, 6. März, 18 Uhr: „Themenabend: Was ist eigentlich Anthroposophie?“ – Prof. Dr. Kai Uwe Schierz im Gespräch mit Günter Kollert, Erfurt
- Dienstag, 13. März, 18 Uhr: Dr.-Ing. habil. Anselm Räder, Enkel des Künstlers und Bearbeiter des künstlerischen Nachlasses von Franz Markau, im Gespräch mit Prof. Dr. Kai Uwe Schierz und Thomas von Taschitzki, M.A.
- Dienstag, 20. März, 18 Uhr: „Im Sinnbild liegt die heutige künstlerische Aufgabe – Zur Malerei von Franz Markau“ – Vortrag von Thomas von Taschitzki, M.A., Kurator der Ausstellung
Franz Markau – Lebensdaten
01.11.1881
geboren in Berlin-Friedrichshain als achtes und jüngstes Kind des Landpostillions und späteren Schankwirts Johann Gottfried Markau und Christiane Johanna, geb. Greschke
1887-1896
Schulzeit, Gemeindeschule in der Linienstraße, Berlin
1896-1900
Lehre als Maler und Anstreicher bei der Firma W. Lehmann in Großlichterfelde/ Berlin; parallel Abendunterricht an der 1. Handwerkerschule in Berlin; Gesellenprüfung im April 1900
1899-1900
Tätigkeit bei einem Theatermaler
1901
sechsmonatige Wanderschaft im Rheinland
1901- 1903
Besuch der Königlichen Kunstschule Berlin, um die Voraussetzungen für den Besuch der Tages- und Abendklassen der Unterrichtsanstalt am Königlichen Kunstgewerbemuseum zu Berlin zu schaffen
1903-1905
Militärdienst
1905-1911
Besuch der Unterrichtsanstalt am Königlichen Kunstgewerbemuseum Berlin bei Prof. Bruno Paul und Prof. Max Friedrich Koch. In den Ferien Mitarbeit in größeren Malergeschäften in Deutschland und im Ausland sowie bei dem Königlichen Hofmaler Wilhelm Lehmann Mitarbeit an Kirchenmalereien und Ausmalungen von Wohnungen, z.T. nach eigenen Entwürfen
1911
Studienabschluss mit hohen Auszeichnungen und der Medaille für besondere Leistungen
1912-1914
Selbstständige Ausführungen von Wandmalereien in Kirchen, Schulen, Rathäusern; Öffentliche Aufträge und Zusammenarbeit mit Architekten
1912-1913
Entwurf und Ausführung der Raumgestaltung der Hoffnungskirche in Berlin Pankow zusammen mit Emil Wolf (1962 zerstört und 1985 rekonstruiert)
1914
Ausmalung der Martin-Luther-Kirche in Zeuthen/Brandenburg (zum Teil erhalten)
31.02.1914
Eheschließung mit der aus Riga stammenden Goldschmiedin Luise Natalie Schilling
1914-1918
Soldat im Ersten Weltkrieg, zunächst an der Ostfront in Russland, ab 1917 in Mazedonien
1916
Geburt der Tochter Annemarie
1918-1919
Arbeit am Güterbahnhof in Berlin, Atelierwohnung in der Potsdamer Straße 98a
Zusammen mit seiner Frau wird Markau Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft.
1919
Vorsitzender der Ausstellungskommission der „Juryfreien Ausstellung ehemals feldgrauer Künstler“, veranstaltet vom Wirtschaftlichen Verband Bildender Künstler e. V. Berlin und gefördert vom preußischen Kultusministerium, im Palais Prinz Friedrich Leopold und im Gebäude der Akademie der Künste am Pariser Platz
ab 1919
Beteiligung an Ausstellungen der Berliner Secession, der freien Secession und in der Akademie der Künste.
1922
Geburt des Sohnes Anselm
1924-1926
Führung eines eigenen Malergeschäfts; Zusammenarbeit mit namhaften Architekten wie Otto Rudolf Salvisberg, Eduard Jobst Siedler, Fritz Bräuning und Jürgensen & Bachmann; Ausführung staatlicher und städtischer Aufträge, Buchillustrationen
1925-1926
Nebenamtlicher Leiter der Entwurfs- und Fachklasse für Dekorationsmalerei an der Städtischen Handwerker- und Kunstgewerbeschule Berlin
1926-1945
Leiter der Fachabteilung Dekorative Malerei an der Kunstgewerbeschule Erfurt
1929
Ernennung zum Professor
Entwürfe für großflächige Deckenbilder in der evangelischen Stadtkirche St. Gumberti in Clingen/Thüringen (teilweise erhalten)
ab 1933
Mitglied der NSDAP und SA (1933-1940)
1934
Malermeisterprüfung vor der Handwerkskammer Erfurt
1935
Wandgemälde an der Stirnseite des Kassenraums der Sparkasse Erfurt am Fischmarkt (nicht erhalten)
1936
Wandbild in einem Geschäftszimmer der SA in Erfurt (Thema: Einheit von SA und Wehrmacht im Kampf gegen den Kommunismus, nicht erhalten)
1938
Neuausstattung des Foyers im Stadttheater Erfurt (nicht erhalten)
Franz Markau entwirft mit seiner Klasse an der Kunstgewerbeschule Erfurt Wandgestaltungen für die Aula der Humboldtschule in Erfurt, den Versammlungsraum des Reichsnährstandes, das Reichserholungsheim und einige Kasernen (davon blieb nichts erhalten)
Studienreise nach Tirol und Italien
1941
Personalausstellung im Erfurter Kunstverein anlässlich seines 60. Geburtstages
1944
Tod des Sohnes Anselm (gefallen als Soldat im Zweiten Weltkrieg)
1945
Entlassung aus dem Schuldienst, Übersiedlung nach Weimar
ab 1946
Tätigkeit als freischaffender Künstler
Studienreisen nach Bayern, an die Ostsee, in den Harz und zur documenta in Kassel
1951
Personalausstellung anlässlich seines 70. Geburtstages im Angermuseum Erfurt
1954/55
Entwurf und Ausführung eines großen Wandbildes im Lichtspieltheater Nordhausen auf der Töpferstraße (nicht erhalten)
um 1955
Wandbild mit Landschaftsmotiven Thüringens in der Hals-Nasen-Ohren-Klinik Erfurt in der Nordhäuser Straße (nicht erhalten).
1958
Fertigstellung des Wandbildes „Musik“ für das 1953 gegründete Pädagogische Institut Erfurt (verschollen seit 1999)
ca. 1959-1963
Entwürfe und Ausführung von Altargemälden und weiteren Bildern für die Christengemeinschaft in Weimar, Erfurt, Halle, Rostock und Gera
1961
Personalausstellung zum 80. Geburtstag im Angermuseum Erfurt
1966
Ausstellung zum 85. Geburtstag in der Kunsthalle Weimar
25.01.1968
gestorben in Weimar
Der 1881 in Berlin geborene Maler Franz Markau war von 1926 bis 1945 Leiter der Fachabteilung Dekorative Malerei an der Kunstgewerbeschule Erfurt, lebte später in Weimar und zählt zu den bedeutenden Thüringer Künstlern des 20. Jahrhunderts.