Rundgang mit Timna Brauer
Timna Brauer, Tochter des Künstlers, hat die Bilder für die Ausstellung ausgewählt. Sie erinnert sich an eine behütete, beglückende und kreativ stimulierende Kindheit an der Seite ihres Vaters.
Als älteste Tochter der Familie kenne ich meinen Vater am längsten und kann diesbezüglich von Glück sprechen. Meine Erinnerungen gehen tatsächlich sehr weit zurück in den Anfang der Sechziger nach Paris, wo ich die ersten Lebensjahre meiner Kindheit verbracht habe. Bilder, Klänge und Gerüche kommen hoch, diffus, aber doch kraftvoll und prägnant…
Ich dachte lange Zeit, dass alle Väter den ganzen Tag nur malen und musizieren.
Rund um die Staffelei duftete es nach Terpentin Öl, und um die Ecke in der Küche nach exotischen Gewürzmischungen.
Ich hatte wirklich das Glück, in diese sehr musische, multikulturelle und multilinguale Familie hineingeboren zu werden…
Oft saß ich stundenlang auf dem Schoß meines Vaters und sah ihm beim Malen zu, es war hypnotisch.
Vor allem die letzte, sehr beglückende Phase, wenn er die kleinen Details malte, war faszinierend.
Mit einem winzigen Pinsel zauberte er filigrane Ameisen, Blüten und Käfer auf den Malgrund.
Fabelhafte bunte Geschöpfe wurden in einer fantastischen Welt zum Leben erweckt, in die ich bereitwillig und mühelos hineindriftete.
Diese Inspiration beflügelt mich bis heute sowohl als Musikerin als auch als bildende Künstlerin.
Diese Ermutigung zum Schöpferischen und zur Kunst durch die Eltern haben wir drei Schwestern in unserer ganzen Jugend genossen und in unseren Berufen erfolgreich umgesetzt.
Seit 2012 habe ich die Freude, regelmäßig Gruppen durch die Sammlung meines Vaters zu führen, die sich in dem Privatmuseum in seiner Villa in Wien befindet.
Es hängen dort seine wichtigsten Werke der letzten Jahrzehnte.
Nach anfänglicher Unsicherheit habe ich mich immer mehr in die Bilderwelt meines Vaters als Vermittlerin seiner Kunst hineingearbeitet, und jedes Mal fällt mir zu seinen Werken etwas Neues ein, schier unerschöpflich inspirieren sie mich.
Umso mehr hat es mich gefreut, erstmals die Gelegenheit zu bekommen, anlässlich seines neunzigsten Geburtstages sein Lebenswerk in der Kunsthalle in Erfurt zu kuratieren.
Den lieben Besuchern wünsche ich herzlichst unvergessliche Einblicke in die fantastische Bilderwelt meines Vaters, Arik Brauer.
Timna Brauer, aus: Phantastische Bildwelten einer Kindheit, in:
Katalog zur Ausstellung „Arik Brauer. Phantastisch-realistisch. Ein Lebenswerk“,
erschienen im mdv Mitteldeutscher Verlag GmbH, Halle (Saale), 2019