Halt die Ohren steif. Robert Frank und Gundula Schulze Eldowy in New York
Die Ausstellung beschäftigt sich mit der unbekannten Seite zweier Fotografen aus ehemals verfeindeten Welten, dem New Yorker Fotografen Robert Frank und der Ostberliner Fotografin Gundula Schulze Eldowy. Ihre Wege kreuzten sich erstmals am 8. Juni 1985 in Ostberlin. Die Fotografin war damals einunddreißig Jahre. Er doppelt so alt. Zwischen 1985 und 1989 schrieben sie sich beeindruckende Briefe. Gundula Schulze Eldowy wurde von ihm nach New York eingeladen. Die USA verlangte Einreisevisen. Robert Frank unterschrieb eine offizielle Verpflichtungserklärung der USA, im Falle einer Krankheit die Kosten zu tragen. Im Mai 1990 wohnte Gundula Schulze Eldowy wochenlang im Hause Robert Franks. In ihm hatte sie einen Verbündeten gefunden, der den gleichen Weg wie sie beschritt. Sie waren Menschen, die sich gegenseitig ins Herz schauten. Trotz der Unterschiede erschienen sie sich erstaunlich nah. Ihre Freundschaft war Zuneigung auf dem ersten Blick. Er behandelte sie als Verbündete, ist der Erste, der den Wert ihrer Fotos schätzte.
„Ich hab dir ja schon geschrieben, wie mir deine Bilder von den Fabrikarbeitern gefallen. Du hast so viel Sympathie fürs Leben und Leiden. Für die Menschen, welche vor dir stehen und die ahnen, dass diese Fotos, dieser Moment übrig bleiben wird“, schrieb er über ihre Fabrikbilder, die die Fotografin 1985 machte. Postkartenabzüge schickte sie regelmäßig nach New York. „Die Fotos von den Menschen und Maschinen sind groß – bleiben im Gedächtnis, wie schwer das Leben ist. Ein Zeugnis für die Frauen und Männer, die weitermachen und immer verlieren“, antwortete Robert Frank beeindruckt.
Von 1990 bis 1993 lebte Gundula Schulze Eldowy in New York. Vier fotografische Zyklen entstanden in dieser Zeit.
Die Ausstellung wird am 14. April um 18 Uhr eröffnet.
„Halt die Ohren steif“…
… zeigt Künstlerportraits von Robert Frank, Pablo Frank, June Leaf, Robert Wilson, Allen Ginsberg, Peter Orlowsky, Cindy Sherman, Bob Dylan, Ann Mandelbaum, Ted Croner und Jay Manis. Auch Bilder Robert Franks, die er von Gundula Schulze Eldowy, Pablo Frank und seiner Frau June Leaf machte, sind in der Ausstellung zu finden.
Die Fotografien werden von Auszügen aus dem Briefwechsel zwischen Robert Frank und Gundula Schulze Eldowy, Tagebuchnotizen und Videos begleitet. Daneben wird Nonstop der Film „Diamantenstraße“ gezeigt.
„In einem Wind aus Sternenstaub“…
… knüpft an die legendäre „straight photography“ New Yorks an, die Gundula Schulze Eldowy schon bei „Berlin in einer Hundenacht“ Pate stand. Aber ausgerechnet in der Stadt ihrer Träume begann sich ein neuer Stil abzuzeichnen. An Stelle der Berliner Hinterhof-Dunkelheit war das gleißende Licht New Yorks getreten, das sich in unzähligen Fensterscheiben und Spiegeln verdoppelte und verdreifachte. Es blieb nicht ohne Einfluss. Ihre Bilder befreiten sich vom Diktat des Inhalts und begannen, in freien Tönen zu tanzen.
„Spinning on my Heels“…
… scheint mehr der Malerei und Musik entlehnt zu sein als der Fotografie. Die Bilder beschreiben eine Geisterstadt im Sinn einer großen Zivilisationskritik.
„Flügelschlag des Herzens“
Die Polaroids mit dem poetischen Titel „Flügelschlag des Herzens“ sind Ausdruck von Romanzen, Freundschaften und Selbstbetrachtungen.
Gundula Schulze Eldowy ist eine Künstlerin von internationalem Rang. Ihre Bilder befinden sich in Sammlungen wie dem Museum of Modern Art in New York, dem Museum of Fine Arts Houston, dem LACMA in Los Angeles und der Bibliothèque Nationale in Paris. Sie lebt in Berlin, Peru und auf Reisen.
- Geboren 1954 in Erfurt, Deutschland
- Studium der Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig
- Berühmte Zyklen: „Tamerlan“, „Berlin. In einer Hundenacht“, „Arbeit“, „Aktportrait“, „Straßenbild“, „Der Wind füllt sich mit Wasser“, „Der große und der kleine Schritt“
- 1985 erste Begegnung mit dem amerikanischen Fotografen Robert Frank, der sie 1990 nach New York einlädt.
- 1990-93 Reisen in die USA, Zyklen „Spinning on my Heels“, „Keep a Stiff upper lip – Der Briefwechsel zwischen Robert Frank und Gundula Schulze Eldowy“, „Die Wahrheit ist eine versunkene Stadt“ (Film)
- 1992 „Photography 8“, Ausstellung im Museum of Modern Art (Moma)
- 1993 zeigt der Direktor des Momas, Kirk Varnedoe, ein Bild der Serie „Waldo’s Schatten“ in der Ständigen Ausstellung.
- Beteiligung an der Ausstellung „White“ der New Yorker Laurence Miller Gallery, an der u.a. Robert Frank, Lee Friedlander, William Eggleston, Hiroshi Sugimoto teilnehmen.
- 1993-2000 Reisen nach Ägypten, „Ägyptische Tagebücher“ (Zyklus), „Die Mumien der Pharaonen“ (Film)
- 1996/97 Reise nach Japan, „Das flüssige Ohr“ (Zyklus), „Eine halbe Stunde Zeit“ (Film)
- Gewinnerin des „Oscars“ der japanischen Fotografie „The 12th Prize for Overseas Photographers of Higashikawa Photo Fiesta ’96“, Japan
- 1997 Reise nach Moskau, „Das Blatt verliert den Baum – Moskau 1997“ (Zyklus)
- 1997 Reise in die Türkei, „Das lebendige Bild“ (Zyklus)
- 2001 Reise nach Perú und Bolivien, „Das unfassbare Gesicht“ (Zyklus)
- 2004 Gründung des Casa de Arte „El rostro inconcebible“ in Perú (mit Javier A. Garcia Vásquez)
- 2004–09 „Eulenschrei des Verborgenen“ (Zyklus)
- 2004–16 weitere Reisen nach Perú und Bolivien
- 2009 „Im Herbstlaub des Vergessens“ (Film), „Den Letzten beißen die Hunde“ (Zyklus)
- 2010 Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste
- 2011/12 Ausstellungen „Die frühen Jahre“ C/O Berlin und „Verwandlungen“ im Kunstraum des Deutschen Bundestages
- 2012 Beteiligung an der „Gold“ und 2015 Beteiligung an der „Schlaflos“ Ausstellung des Belvedere Museums Wien
- 2016 „Zuhause ist ein fernes Land“ im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig und dem Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland Bonn
- 2016/17 Beteiligung an der C/O Berlin Ausstellung „Kreuzberg-Amerika“
- 2016 „Tänzerflügel“, zweiter Erzählband nach „Am fortgewehten Ort“
Neben der fotografischen und filmischen Arbeit entstanden Erzählungen, Gedichte, Aufsätze, Ton-Collagen und Gesänge.
Öffentliche Führungen
Donnerstag, 19. April, 3. Mai, 7. Juni
jeweils 18 Uhr
Sonntag, 6. Mai, 13. Mai, 24. Juni
jeweils 11:15 Uhr
Pfingstmontag, 21. Mai
11:15 Uhr
Künstlergespräch
Donnerstag, 17. Mai,19:30 Uhr
Frau Dr. Kyllikki Zacharias, Kuratorin der Sammlung Scharf-Gerstenberg, Berlin trifft
Gundula Schulze Eldowy in ihrer Ausstellung
Film
Kinoklub am Hirschlachufer
Montag, 4. Juni bis Mittwoch, 6. Juni 2018,
jeweils 17 Uhr
Dokumentarfilm über Robert Frank
„Blicke in die Seele Amerikas. Der Fotograf Robert Frank“,
Regie: Laura Israel, USA, 2013, Originaltitel: Don’t Blink
Vortrag
Donnerstag, 7. Juni, 19:00 Uhr
Der Fotograf Helfried Strauß, langjähriger Professor an der HGB Leipzig, spricht über Robert Frank, Peter Galassi und 100 Jahre Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig