Kulturdirektion Erfurt stellt Schwerpunkte für 2024 vor

30.01.2024 12:49

In einem Pressegespräch hat die Kulturdirektion der Stadt Erfurt einen Ausblick für 2024 gegeben.

Strategische Schwerpunkte

Foto: Dr. Christian Horn beim Pressegespräch der Kulturdirektion Foto: © Stadtverwaltung Erfurt/Dirk Urban

Baulich-konzeptionelle Planungen, die Fortschreibung der Kulturkonzeption Erfurts und weiterführende Kommunikationsmaßnahmen bilden die drei strategischen Handlungsschwerpunkte der Kulturdirektion im Jahr 2024.

Die baulich-konzeptionellen Maßnahmen betreffen die Fortentwicklung des Naturkundemuseums, die Transformation der Geschichtsmuseen in ein gemeinsames Kulturhistorisches Museum und die Neuordnung der Depotsituation.

In allen Prozessen möchte die Kulturdirektion breite Dialoge führen. Im Rahmen der Fortschreibung der Kulturkonzeption wird sie zu Workshops einladen, zum Beispiel zur Weiterentwicklung der Verfahren für Fördermittelvergaben. Die im vergangenen Jahr begonnene Veranstaltungsreihe „InsideOut“, im Rahmen derer diese Vorhaben der interessierten Öffentlichkeit vorstellt werden, wird ebenso fortgesetzt.

Bauvorhaben

Nächste Schritte der baulichen Großvorhaben sind die Vergabe einer Machbarkeitsstudie zur Prüfung unterschiedlicher Depotstandorte, die Ausarbeitung des Masterplanes für das neue Kulturhistorische Museum und die öffentliche Vorstellung des Neuentwurfs zur baulichen und thematischen Gestaltung des Naturkundemuseums.

Die Planungs- und Realisierungshorizonte für die nun angegangenen Maßnahmen betragen in der Regel rund zehn Jahre.

Mit allen Planungen baut die Kulturdirektion auf Grundsatzbeschlüsse des Erfurter Stadtrates auf. „Wir sind am Zug, die Konzepte zu den formulierten Zielvorstellungen zu liefern“, so Kulturdirektor Christian Horn. „Das ist für alle Beschäftigten, neben dem Tagesgeschäft, eine Herausforderung, aber auch eine große Chance zur Neugestaltung.“

Für das neue Kulturhistorische Museum ist die Vision bereits in der Werkstattreihe „InsideOut“ im November letzten Jahres öffentlich präsentiert worden. Nun ist der Masterplan mit Ausstellungshighlights, Sammlungsneuordnung, Raumanforderungen und crossmedialen Vermittlungsansätzen dezidiert zu schreiben. „Bis Anfang 2025 soll er stehen“, so Horn.

Für die Neuplanungen der Depotsituation nimmt die Kulturdirektion das bereits in Teilen genutzte Gebäude und Grundstück in der Salinenstraße, aber auch andere städtische Liegenschaften in den Blick. Flächenanforderungen und konservatorische Bedarfe für einzelne Materialgruppen sind amtsintern bereits erfasst. Sie umfassen die Sammlungen der Geschichts- und Kunstmuseen und des Naturkundemuseums. Die Bedarfe sind nun mit den Möglichkeiten einzelner Gebäude abzugleichen. Dazu will die Kulturdirektion in diesem Jahr eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben.

Fortschreibung Kulturkonzeption der Landeshauptstadt Erfurt

Die Fortschreibung der Kulturkonzeption wird, neben Fragen der Kulturförderung, auch Maßnahmen der Erinnerungskultur adressieren. Auch soll die Struktur des eigenen Amtes betrachtet werden. „Es ist offensichtlich“, so die stellvertretende Amtsleiterin Imke Beyers, „dass die Baumaßnahmen große zusätzliche Kommunikations- und Planungsbedarfe mit sich bringen. Wir müssen hier Personal mit entsprechenden Qualifikationen hinzugewinnen.“

Zur Vorbereitung der Fortschreibung der Kulturkonzeption wurde daher im letzten Jahr auch bereits eine Umfrage zum Nutzungsverhalten bei Erfurter Haushalten gestartet, die sich in der Auswertung befindet. Eine Steuerungsgruppe, die aus Vertreterinnen und Vertretern der Stadtratsfraktion und der Kulturdirektion besteht, ist eingerichtet. Für Interviews und den Netzwerkdialog in Workshops soll eine Kommunikationsagentur beauftragt werden.

Kommunikationsmaßnahmen

Doch nicht nur für die Fortschreibung der Kulturkonzeption und die Baumaßnahmen, sondern auch für die noch bessere Vermittlung der bestehenden Angebote sind Informationsangebote strategisch weiter zu entwickeln. Beyers, die den Bereich Kommunikation im Amt verantwortet, erklärt: „Wir haben jüngst mit einem weiteren Social-Media-Kanal nachgelegt, nunmehr für den Erinnerungsort Topf & Söhne. Außerdem ist ein Kulturwegweiser in Planung.“

Die Verleihung des Welterbetitels hat die Zahl der Besucherinnen und Besucher in der Kleinen Synagoge, in der Alten Synagoge und der Mikwe nochmals steigen lassen. „Selbstverständlich ist der Welterbetitel ein Zugpferd für den Kulturstandort Erfurt insgesamt, den wir in der Öffentlichkeitsarbeit entsprechend nutzen werden“, so Beyers.

Zur Kommunikation strategischer Planungsmaßnahmen wird die im vergangenen Jahr begonnene öffentliche Veranstaltungsreihe „InsideOut“ fortgesetzt werden.

Außerdem hat die Kulturdirektion Erfurt zu einer „Programmkonferenz 2034“ eingeladen, um Maßnahmen mit überregionaler und bundesweiter Strahlkraft bis Mitte der 2030er-Jahre zu sondieren. Am 8. Februar werden hierzu Vertreterinnen aus Kunst und Kultur, Wissenschaft und Tourismus im Collegium Maius zusammenkommen. „Wesentlich ist hier, dass wir über mögliche Kooperationen reden und Fachleute zusammenbringen möchten, Die Konferenz ist eine Mischung aus Ideenmesse und Workshop“, so Beyers.

Einblicke in das Programm der Kulturdirektion 2024

Das Kulturelle Jahresthema, die Eröffnung des Europäischen Tages der Jüdischen Kultur und die Feier zum UNESCO-Welterbetitel, die Verleihung des Kulturpreises der Landeshauptstadt Erfurt, ein Forschungs- und Ausstellungsprojekt zu Friedrich Nerly, eine neue Dauerausstellung im Stadtmuseum, eine Ausstellung zu Greifvögeln, die Errichtung eines neuen Denkmals, die Belebung des Petersberges – dies stellt einen Einblick in das umfangreiche und vielfältige Programm der Kulturdirektion im Jahr 2024 dar.

Darüber hinaus organisiert und präsentiert die Kulturdirektion verschiedene Programmreihen und Großveranstaltungen sowie insgesamt 38 Sonderausstellungen, darunter 24 neue Ausstellungen.

Kulturförderung unter dem Dach des Kulturellen Jahresthemas der Landeshauptstadt Erfurt 2024

Die Landeshauptstadt Erfurt ruft aller zwei Jahre ein kulturelles Jahresthema aus, in dessen Rahmen kulturelle Projekte gefördert werden. Das diesjährige Jahresthema „Barrieren brechen – Kultur entfachen!“ zur inklusiven Kulturarbeit lenkt die Aufmerksamkeit auf Projekte, die Ausgrenzungen und gesellschaftlicher Benachteiligung entgegenwirken. Das Programm soll das kulturelle Zusammenleben stärken, unabhängig von Geschlecht, Alter, sozialer oder ethnischer Herkunft, körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung oder anderen Merkmalen. Die Kulturdirektion arbeitet dazu mit der „Servicestelle Inklusion im Kulturbereich“ aus Sachsen zusammen, die im ersten Halbjahr 2024 eine Weiterbildung für die Projektträger anbietet. Zudem stellt die Kulturdirektion ein breites Portfolio an Kontakten zu lokalen Inklusionsexperten, Informationen über bundesweite Fördermittelmöglichkeiten und Tipps für inklusive Pressearbeit zur Verfügung.

Inzwischen sind 69 Anträge mit einem Antragsvolumen von 587.800,74 Euro eingegangen. Als Förderbudget stehen insgesamt 200.000,00 Euro zur Verfügung.

Eröffnung des Europäischen Tages der jüdischen Kultur in Erfurt und Feier zum UNESCO-Welterbetitel

Der Europäische Tag der jüdischen Kultur, der das europäische Judentum, seine Geschichte, Traditionen und Bräuche in Vergangenheit und Gegenwart in ganz Europa in den Fokus stellt, wird am 1. September 2024 mit einem offiziellen Festakt feierlich in Erfurt eröffnet.

Am selben Tag wird die Ernennung des jüdisch-mittelalterlichen Erbes zum UNESCO-Welterbe im September 2023 noch einmal mit einem Straßenfest im jüdischen Viertel und mit viel Musik gefeiert.

Kulturpreis der Landeshauptstadt Erfurt 2024

Die Landeshauptstadt verleiht alle drei Jahre den Kulturpreis der Stadt Erfurt an Kulturakteure, die mit ihrem Schaffen das kulturelle Leben der thüringischen Landeshauptstadt auf besondere Art und Weise prägen. Die Ehrung für herausragende kulturelle Verdienste ist mit einem Preisgeld von 5.000 Euro verbunden.

Die Bürgerinnen und Bürger Thüringens sind eingeladen, bei der Kulturdirektion Erfurt bis zum 1. März Vorschläge für mögliche Preisträger einzureichen. Eine Jury entscheidet über den Preisträger.

Forschungs- und Ausstellungsprojekt Friedrich Nerly

Der umfangreiche Nachlass Friedrich Nerlys bildet den bedeutendsten zusammenhängenden Werkkomplex der Gemälde- und Grafiksammlung des Angermuseums Erfurt. Er war Anstoß zur Gründung des Städtischen Museums, das heute als Angermuseum bekannt ist. Der heute noch erhaltene Bestand umfasst 107 Ölgemälde von ursprünglich 150 Gemälden und Ölstudien und circa 830 bis 1.200 Papierarbeiten (recto/verso; Inventarnummern: 749). Einige dieser Werke wurden noch nie ausgestellt oder waren seit Jahrzehnten nicht mehr öffentlich zu sehen. Seit 2021 wird der Erfurter Bestand an Ölgemälden und Ölstudien intensiv erforscht und restauratorisch aufgearbeitet. Neben dem Erfurter Hauptnachlass von Nerly befindet sich ein kleinerer Teilnachlass seit den 1950er Jahren in der Kunsthalle Bremen.

Das Forschungs- und Restaurierungsprojekt mündet in der Ausstellungseröffnung am 25. August 2024 im Angermuseum Erfurt. Die Schau „Von Erfurt in die Welt – Der Reisekünstler Friedrich Nerly“ eröffnet neue Perspektiven auf ein Œuvre, zu dem bislang weder ein Werkverzeichnis noch eine wissenschaftlich fundierte, detaillierte Monographie vorliegt. Die Ausstellung wird bis zum 17. November 2024 zu sehen sein. Sie ist mit der Unterstützung nationaler Stiftungen wie der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Friedrich-August Oetker-Stiftung und der Kulturstiftung der Länder realisiert. Nerlys Künstlerpersönlichkeit und sein Werk werden dabei auch vor dem Hintergrund einer beginnenden Globalisierung wissenschaftlich neu eingeordnet. Zahlreiche Neuentdeckungen werden seine spektakulären Ölstudien als Vorboten moderner Landschaftskunst erhellen und seine Rolle als innovativer Nachtmaler, dem vor allem mit der „Piazzetta in Venedig bei Mondlicht“ ein Welterfolg gelang.

Mit diesem Bestandserforschungs- und Ausstellungsprojekt wird nicht nur der Gründungsgeschichte des Angermuseums entsprochen, sondern auch eine längst überfällige Neubewertung des bedeutenden Landschaftsmalers Friedrich Nerly geleistet sowie eine restauratorisch-konservatorische Ertüchtigung seines Werkes vollzogen.

Neue Dauerausstellung im Stadtmuseum „Haus zum Stockfisch“

Die neue Dauerausstellung „Der Nabel der Welt – Erfurts archäologische Schätze“ ist eine Zeitreise durch die Jahrtausende alte Geschichte des Erfurter Raumes knüpft an Alltagswissen, Gegenwartsfragen und aktuelle Themen wie Klimawandel und Migration an. Mit über 200.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist Erfurt die größte Stadt Thüringens und Wirtschafts- und Verwaltungszentrum des Landes. Von ihrer zentralen Lage auf wichtigen Verkehrswegen profitiert die Stadt seit Jahrtausenden. Im Erfurter Raum finden sich seit dem Holozän nahezu lückenlos Spuren menschlicher Kulturen. Die Landeshauptstadt Thüringens zählt zu den fundreichsten Regionen Deutschlands. Das spiegelt sich auch in der einmaligen archäologischen Sammlung des Erfurter Stadtmuseums „Haus zum Stockfisch“, die in einer neuen Dauerausstellung präsentiert wird.

In Zusammenarbeit mit dem Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie sind aktuelle Ausgrabungen als „work-in-progress“ erlebbar. Erstmals entsteht eine interaktive Stadtkarte mit allen spektakulären Bodenfunden.

„Greifvögel – Könige der Lüfte“ im Naturkundemuseum Erfurt

Majestätisch und elegant schweben sie durch die Lüfte. Listig und flink oder erhaben und ausdauernd – Greifvögel sind Könige der Lüfte. Unsere heimischen Vertreter vom Turmfalken bis hin zum Fischadler werden in der Sonderausstellung vorgestellt als erstklassige Präparate zu sehen sein, außerdem in Foto- und Filmaufnahmen gezeigt werden. Ihre Lebensweise, Ernährung, Gefährdung und auch Schutzmaßnahmen werden thematisiert. Die Ausstellung ist vom 14. Juni bis 19. November 2024 im Naturkundemuseum Erfurt zu sehen.

Zahlreiche begleitende Angebote laden verschiedene Ziel- und Altersgruppen ein, die Lebensumfelder von Greifvögeln zu erkunden. Hierzu wird ein anschaulicher Bestimmungskatalog aller Thüringer Greifvogelarten erstellt.

Denkmal zur Bücherverbrennung 1933 in Erfurt

In elf Thüringer Städten sind, als Teil des nationalsozialistischen Terrors, von April bis November 1933 Bücher verbrannt worden. Erfurt arbeitet in einer Kooperation zwischen Zivilgesellschaft, Stadtrat und Stadtverwaltung daran, die Bücherverbrennung als einen Akt der Zerstörung der Demokratie dauerhaft in das öffentliche Gedächtnis zu rufen und mit historischer Aufklärung und Bildungsangeboten zu verbinden. Geplant ist für 2024 die Errichtung eines „Denkortes Bücherverbrennung 1933“ auf dem historischen Ort der Bücherverbrennung am 29. Juni 1933, damals ein Sportplatz und heute Egapark-Gelände.

Das Projekt entsteht in einer Kooperation des Erinnerungsortes Topf & Söhne mit dem Egapark und den „Omas gegen Rechts“ als zivilgesellschaftlichem Partner.

Aktivitäten zur Belebung des Petersberges

Die Kulturdirektion trägt mit ihren Angeboten zur stadträumlichen Profilierung des Petersbergs bei. Nach einer ersten Erprobungsphase der Konzertfläche auf der Festwiese des Petersberges im Jahr 2023 wird diese nun in den kontinuierlichen Veranstaltungsbetrieb überführt, koordiniert durch die Kulturdirektion. Als zweites wichtiges Projekt der Kulturdirektion auf dem Petersberg ist in der Defensionskaserne die Eröffnung einer Pop-up-Ausstellungshalle vorgesehen. Auf 500 qm sollen hier in offenen Netzwerken produzierte Ausstellungen gezeigt werden. Das Betriebsmodell und die Programmierung sind eine direkte Antwort auch auf aktuelle Krisen und Megatrends und entspricht dem Wunsch vieler Menschen und Kulturschaffenden, kulturelle Angebote mitzubestimmen und in offenen Netzwerken zusammenzuarbeiten. Ausstellungskonzepte können hier öffentlich eingebracht werden und auch die Abstimmung über diese erfolgt in öffentlichen Votings.