
Gabriela Jolowicz. Der unendliche Holzschnitt

Zur Ausstellung
Gabriela Jolowicz fängt Tag für Tag Szenen aus ihrem (und unserem) urbanen Alltag ein, reaktiviert dafür jedoch ein uraltes Verfahren zur Herstellung von Bildern: den schwarzweißen Holzschnitt, ein Hochdruckverfahren. Von allen Weisen der Druckgrafik ist er die älteste. Er entwickelte sich in China bereits im 8. Jahrhundert, in Europa wurde er mit dem Buchdruck zu einem populären Medium, die Nabis in Frankreich und die deutschen Expressionisten verhalfen ihm Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts zur Renaissance.
Rund einhundert Jahre später reaktiviert Gabriela Jolowicz diese alte Technik erneut – gegenläufig zum Trend unserer Gegenwart, den Alltag zu jeder Gelegenheit, in allen denkbaren Momenten, fotografisch festzuhalten.

Sie ist eine genaue Beobachterin räumlicher und sozialer Situationen, visueller Muster, die als Rohstoff ihrer Bildfindungen dienen. Und sie hat eine genaue Vorstellung davon, was ein linear geprägter Holzschnitt in Schwarzweiß leisten kann. Ihre Bilder offenbaren eine frappierende Detailfülle, gestochen scharf in jeder Partie des Formats, dazu eine Komplexität in der räumlichen und figürlichen Staffelung verschiedener Szenen, die zugleich eine Vielzahl flächiger Eindrücke zulässt. Das betrachtende Auge ist immer mittendrin im Malstrom der Bilder und bemüht, die Orientierung zu behalten. Diese Blätter sind authentische Zeugnissen heutigen Lebensgefühls. Im Holzschnitt erzählt Gabriela Jolowicz ihr und unser Leben in allen denk- und beobachtbaren Situationen, vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Diesem Zeitschema folgt auch die Ausstellung: Beginnend am Morgen, führen uns ihre Blätter bis in die späten Abendstunden.
Wir finden uns wieder in diesen Bildern, in denen jedes Detail gleich wichtig scheint, wir, unaufhörlich suchend nach neuen Reizen in den digitalen Medien und im globalen/urbanen Gewimmel, Adrenalin-Junkies der permanent gestressten Aufmerksamkeit, eigentlich längst überfordert. Sie holt uns ab, sie gewinnt unsere Identifikation, sie trifft unser Selbst(un)verständnis. Wir sind selbst Figuren in dieser unendlichen Geschichte, mit ihrer Kunst auch mittendrin in der unendlichen Geschichte des Holzschnittes.
Zur Künstlerin
Gabriela Jolowicz (*1978, Salzgitter.Bad) studierte u. a. in der Illustrations-Klasse an der Hochschule für Grafik- und Buchkunst (HGB) in Leipzig. Nach ihrem Abschluss als Meisterschülerin übernahm sie Lehraufträge an der Universität der Künste Berlin, der HGB und der Hochschule für Künste in Bremen. Sie realisierte mehrere Buchprojekte. Ihren Lebens- und Arbeitsmittelpunkt hat Gabriela Jolowicz in Berlin.
Veranstaltungen
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