Farbharmonie als Ziel. Adolf Hölzel auf dem Weg zum Ungegenständlichen
Adolf Hölzel (1853 Olmütz – 1934 Stuttgart) zählt zu den bedeutenden Wegbereitern der Malerei der Moderne. Mit über 100 Exponaten, darunter 28 erstmals öffentlich präsentierten Werken, geht die Ausstellung den faszinierenden Stationen seines Schaffens nach.
Wie bei kaum einem anderen Künstler seiner Generation wird in Adolf Hölzels Werk eine erstaunlich weit gespannte Entwicklung sichtbar: von seinen tief im 19. Jahrhundert wurzelnden realistischen Anfängen bis hin zu den farbintensiven, abstrakten Kompositionen des Spätwerks, auf denen ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt. Hölzels Schaffen ist geprägt von der beständigen experimentellen Erforschung und Erweiterung der künstlerischen Mittel und ebenso von der intensiven theoretischen Reflexion über die Gesetzmäßigkeiten der farblichen und formalen Bildgestaltung.
Nach Studien in Wien und München findet Adolf Hölzel in den 1880er und frühen 1890er Jahren weitreichende Beachtung mit naturalistischen Genre- und Landschaftsgemälden in stilistischer Nähe zu Wilhelm Leibl. Als Kunstpädagoge erreicht er mit der von ihm 1892 begründeten privaten Malschule in Dachau große Anerkennung. Einflüsse des Impressionismus und des Jugendstils prägen seine Malerei um die Jahrhundertwende. Hölzel entwickelt Farbtheorien und Kompositionslehren, deren Grenzen er aber in der „Empfindung“ sieht. Diese ruft er zum Beispiel selbst durch traumartige Zustände hervor, indem er nach dem Erwachen eine Zeit lang mit geschlossenen Augen zeichnet. Dazu verkündete er: „Das Gesetz in der Kunst ist die aus der Empfindung gewonnene Formel“. Damit erkennt Hölzel als einer der ersten Künstler das Unbewusste als Potenzial für die bildende Kunst an. Erst in den 1920er Jahren nutzen die Surrealisten um André Breton ähnliche Methoden bei der von ihnen bevorzugten „écriture automatique“. Ab 1905, mit der Berufung an die Stuttgarter Kunstakademie, wandelt sich Hölzels Kunst im Sinne eines theoretisch untermauerten Herangehens an die Abstraktion – zu deren eigentlichen Begründern er zählt. Angeregt von der flächigen und farbintensiven Malerei der von Paul Gauguin mitbegründeten französischen Künstlergruppe Nabis, entstehen zunehmend abstrahierte Figurenkompositionen mit gesteigerter Farbintensität. Adolf Hölzel, der auch Geige spielt, strebt nach dem Ideal der Musik und ihrer Harmonielehre eine absolute Malerei mit differenzierter Farbharmonie an: „Wir müssen Farbkomponisten sein: componere heißt zusammensetzen. Mein Leben gehört der Farbe und ihren künstlerischen Zusammensetzungen.“ Das derart modulierte Bild konnte in manchen Fällen stärker rhythmisch und geometrisch, in anderen gegenständlich und erzählerisch geprägt sein.
Als Pionier der Abstraktion und als innovativer Kunstpädagoge wurde Adolf Hölzel zu einem der einflussreichsten Lehrer seiner Zeit. Zu seinen Schülern an der Stuttgarter Kunstakademie gehörten unter anderen Oskar Schlemmer, Johannes Itten, Ida Kerkovius und Willi Baumeister. Johannes Ittens Unterricht am Weimarer Bauhaus basierte wesentlich auf Hölzels Farb- und Formenlehre.
Nach dem Ende seiner Professur an der Stuttgarter Kunstakademie im Jahr 1918, befreit von einer Begründung seiner neuen Malerei, lässt Adolf Hölzel das Normative hinter sich, wird als Künstler sichtbarer. Nun konzentriert er sich auf das Pastell als Medium, das in seinem Spätwerk dominiert. Einen besonderen Stellenwert in Hölzels Oeuvre nehmen zwischen 1915 und 1933 drei umfangreiche Aufträge für die Gestaltung von Glasfenstern der Bahlsen- und der Pelikan-Werke in Hannover und des Stuttgarter Rathauses ein. In diesen großflächigen Glasarbeiten verwirklichte Hölzel seine kaleidoskopartigen Farbkompositionen in monumentaler und besonders reiner Form.
Die vom Museum Georg Schäfer konzipierte Ausstellung, die nach der erfolgreichen Präsentation in Schweinfurt nun auch in Erfurt zu sehen ist, folgt den einzelnen Entwicklungsschritten von Adolf Hölzels Schaffen und macht den Facettenreichtum seines Werks sichtbar. Dazu zählen Ölgemälde, Pastelle, Collagen und Glasfenster, aber auch die sogenannten Schriftsockelbilder und die bisher als bloße Fingerübungen interpretierten Tuschzeichnungen. Zahlreiche Dokumente geben Einblick in das Leben und Denken von Adolf Hölzel. Ausgewählt wurden Werke aus dem Besitz der Adolf Hölzel-Stiftung in Stuttgart sowie aus den bedeutendsten alten Privatsammlungen zu Hölzel.
Zur Ausstellung ist im Wienand Verlag ein Katalog mit zahlreichen farbigen Abbildungen und Beiträgen namhafter Wissenschaftler erschienen.
Vorträge
3. September 2019, 18:00 Uhr
Adolf Hölzel weitergedacht – Eine Spurensuche nach 1945
Prof. Dr. Matthias Bleyl, Berlin
17. September 2019, 18:00 Uhr
Musik und Architektur als Inspirationsquellen im Werk Adolf Hölzels
Dr. des. Ulrich Röthke, Cottbus
1. Oktober 2019, 18:00 Uhr
Adolf Hölzel, Johannes Itten und das Bauhaus. Zur Rezeption von Hölzels Farbenlehre
Prof. Dr. Christoph Wagner, Direktor des Instituts für Kunstgeschichte, Universität Regensburg
Kuratorenführungen
(im Eintritt inbegriffen)
Sonntags, 11 Uhr: 21. Juli, 11. August, 25. August
Sonntags, 15 Uhr: 8. September, 22. September, 6. Oktober
Dienstags, 15 Uhr: 13. August, 27. August,10. September
„Farbrausch“ – Kunstworkshop für Kinder und Jugendliche
Samstag, 17. August, 10 – 14 Uhr
(maximal 10 Teilnehmer)
Imago Kunst- und Designschule e. V.,
www.imago-erfurt.de
Anmeldung unter Tel. 0361 5625744 oder per E-Mail an kunst@imago-erfurt.de
Mit Fräulein Funkel ins Museum (freier Eintritt)
Dienstag: 6. August, 3. September, 1. Oktober
jeweils 16 – 18 Uhr
Anmeldung unter Tel. 0361 5625744 oder per E-Mail an kunst@imago-erfurt.de