Arik Brauer. Phantastisch-Realistisch. Ein Lebenswerk
Im Januar 2019 hat Arik Brauer sein 90. Lebensjahr vollendet – und arbeitet immer noch an seiner Kunst. Die ungebrochene Lust am Schaffen geht einher mit einer reichen Lebenserfahrung, die sich in seinen Liedern und Geschichten ebenso äußert wie in seinen Bildern.
Als ein Mitinitiator und Hauptvertreter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus ist Arik Brauer heute international anerkannt. Die Landschaften und Figuren seiner Bilder sind phantastisch geformt, entsprungen einer überaus reichen Imagination. Neben wiedererkennbaren, mit seinen und unseren Erfahrungen in und mit der Wirklichkeit assoziierbaren Figuren – Menschen, Tieren, Pflanzen, Bauwerken – trifft man in diesen Bildern auch auf Fabelwesen, mitunter reine Phantasiegebilde. Arik Brauer wünscht sich, dass seine Kunst die Phantasie der Betrachter anregt und beflügelt, aber genauso, dass die Geschichten, die er „ins Bild setzt“ und die sich aus dem eigenen Erleben ebenso speisen wie aus der Geschichte der Kunst und uralten Überlieferungen, unsere Empathie stimulieren mögen und unseren Sinn für die Welt, in der wir leben.
Fühlt man sich anfangs in Märchenwelten wie aus tausendundeiner Nacht oder in die bunten Geschichten des Mythenschatzes der Menschheit versetzt, so wird bei näherer Betrachtung deutlich, dass im Kreise seiner Künstlerkollegen vor allem Arik Brauer konsequent politische, emanzipatorische und ökologische Themen aufgriff und verarbeitete. Ob Rassismus, Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, Kriege, Frauenrechte oder der durch menschliche Gier verursachte globale ökologische Notstand – nie ließ ihn das Zeitgeschehen kalt, als Mensch nicht und auch nicht als Künstler. Eigene existenzielle Erfahrungen in der Kindheit und Jugend haben ihn entsprechend sensibilisiert: Er wurde nach dem Anschluss Österreichs an Nazideutschland 1938 aufgrund seiner jüdischen Abstammung stigmatisiert und entging nur knapp der Deportation in ein Vernichtungslager, während sein Vater aus Wien floh, interniert wurde und umkam. Freiheit und Demokratie waren für Arik Brauer nie nur abstrakte Begriffe. Ähnlich wie Hundertwasser engagierte er sich schon früh auch in der Umweltbewegung. Dass das Prinzip des Humanismus erweitert werden, alles Lebendige und die Erde als Ganzes umfassen muss, liegt als Botschaft seinen poetischen Bilderzählungen zugrunde. In den letzten Jahrzehnten bildet das Thema Frauenschicksale einen weiteren Schwerpunkt in seinem Schaffen. In zahlreichen Gemälden reflektiert Arik Brauer die progressive Rolle von Frauen in Geschichte und Gegenwart. Von ihnen – der einen Hälfte der Menschheit – gehe die größte Revolution aller Zeiten aus, ist der Künstler überzeugt. Der verurteilten „Hexe“ auf dem Scheiterhaufen, Sophie Scholl und ihrem Widerstand gegen das Naziregime, den unterdrückten Frauen weltweit, sinnbildlich verkörpert in Malala Yousafzai, der Kinderrechtsaktivistin aus Pakistan – all den starken Frauen, ihrem Emanzipationswillen und ihrer Würde gilt seine Sympathie; ihnen setzt er malerisch immer wieder Denk-Male.
Für die Erfurter Jubiläumsausstellung hat Timna Brauer, die älteste Tochter des Künstlers, etwa 150 Malereien, Zeichnungen und Druckgrafiken ausgewählt, überwiegend aus den letzten drei Jahrzehnten. Zu vielen Malereien in Öl- und Temperafarben verfasste Arik Brauer kürzere und längere Kommentare, die einmal mehr seine Begabung für pointierten sprachlichen Ausdruck offenbaren, einen Sinn für den Hintersinn, und seine philosophisch fundierte Weisheit, worin er die vielen Einzelerfahrungen und Geschichten unter dem Leitmotiv umfassender Verbundenheit, der Mitmenschlichkeit und Mitkreatürlichkeit vereint.
Zur Ausstellung ist ein Buch im Mitteldeutschen Verlag erschienen, in dem der Künstler über 90 ausgewählte Malereien und Zeichnungen kommentiert.
Mit freundlicher Unterstützung durch:
Kulturstiftung des Freistaats Thüringen
Helaba Landesbank Hessen-Thüringen
Österreichisches Kulturforum Berlin
Hotel Zumnorde Erfurt
Ausstellungseröffnung
Samstag, 03.08.2019, 18:00 Uhr
Führungen und Vorträge
donnerstags, 19:00 Uhr
22.08., 12.09., 10.10., 17.10.2019
sonntags, 11:15 Uhr
01.09., 15.09., 29.09., 06.10., 27.10.2019
05.09.2019, 19:00 Uhr
Rundgang durch die Ausstellung mit Martin Kranz, Intendant der Achava-Festspiele Thüringen
18.09.2019, 19:00 Uhr
Vortrag mit Michael Nungesser: Arik Brauer und die Tradition des Surrealismus
26.09.2019, 19:00 Uhr
Rundgang durch die Ausstellung mit Timna Brauer, Kuratorin der Ausstellung
27.09.2019, 19:00 Uhr
Connect: Dialogisches Konzert der Ensembles via nova und Miet+