1 00:00:00,040 --> 00:00:04,080 Wir stehen hier vor dem Werk „Magna reverentia“ von Valentina Murabito 2 00:00:04,440 --> 00:00:06,480 in der Galerie Waidspeicher. 3 00:00:06,480 --> 00:00:09,640 Die Ausstellung läuft noch bis Ende Mai. 4 00:00:10,120 --> 00:00:14,132 Ich möchte kurz was zu dem Werk erzählen, nur zur Entstehung. 5 00:00:14,234 --> 00:00:19,880 Wir sehen hier eine große Gruppe Schafe, die Abstand hält zu uns. 6 00:00:20,160 --> 00:00:21,360 Sie haben Angst vor uns. 7 00:00:21,360 --> 00:00:24,445 Das sind keine domestizierten Schafe, wie wir sie kennen. 8 00:00:24,492 --> 00:00:28,240 Nett aus dem Streichelzoo, wo wir eben ganz nah rankommen, 9 00:00:28,240 --> 00:00:31,360 sondern es sind Schafe, die wirklich Angst haben vor uns. 10 00:00:31,360 --> 00:00:32,880 Und ich war bei diesem Shooting dabei. 11 00:00:32,880 --> 00:00:35,440 Es war wirklich wie Magie. 12 00:00:35,600 --> 00:00:37,400 Sobald man sich diesen Tieren genähert hat, 13 00:00:37,400 --> 00:00:40,360 sind die immer auf drei, vier Meter Abstand gegangen. 14 00:00:40,440 --> 00:00:41,600 Die ganze Gruppe. 15 00:00:41,600 --> 00:00:44,880 Und dann stehen da Hunderte von Schafen auf dem Ätna 16 00:00:45,600 --> 00:00:49,000 und schauen einen an und man weiß gar nicht, 17 00:00:49,000 --> 00:00:51,440 habe ich jetzt Angst vor ihnen oder haben die Angst vor mir? 18 00:00:51,480 --> 00:00:57,113 Also wer ist jetzt hier derjenige, der sich gerne woanders hin verkriechen würde? 19 00:00:57,707 --> 00:00:59,200 Ja, wir sehen hier, 20 00:00:59,200 --> 00:01:03,000 dass das Tiere sind, die nicht eben domestiziert sind, die 21 00:01:03,000 --> 00:01:08,640 den ganzen Tag frei über den Ätna grasen dürfen, die per Hand gemolken werden. 22 00:01:08,720 --> 00:01:12,043 Und das machen insgesamt drei Männer. 23 00:01:12,280 --> 00:01:13,840 Also zumindest an den Tagen, 24 00:01:13,840 --> 00:01:18,600 an denen ich mit der Künstlerin Valentina Murabito dort war. 25 00:01:18,600 --> 00:01:23,560 Und diese drei Männer melken jeden Tag drei oder vier Mal täglich. 26 00:01:23,720 --> 00:01:26,280 Nicht nur diese Schafe, sondern auch Kühe. 27 00:01:26,400 --> 00:01:29,193 Also die haben Oberarme, die sind aus Stahl. 28 00:01:29,360 --> 00:01:33,360 Und sie haben uns aber erklärt, sie wollen keine Maschinen verwenden, 29 00:01:33,360 --> 00:01:37,545 weil diese Maschinen nicht spüren, wann das Euter wirklich leer ist. 30 00:01:37,800 --> 00:01:41,200 Und das einzige, was man dann machen kann: Man beugt vor, 31 00:01:41,200 --> 00:01:44,440 indem man ihnen zum Beispiel Antibiotika oder andere Medikamente gibt. 32 00:01:44,440 --> 00:01:49,756 Und als sie mir diesen Gedanken sozusagen in den Kopf eingepflanzt haben, 33 00:01:50,040 --> 00:01:52,560 ist mir in den Sinn gekommen, dass wir Menschen das ja auch machen, 34 00:01:52,560 --> 00:01:58,200 dass wir, wenn wir arbeiten müssen und dann Kopfschmerzen haben, 35 00:01:58,200 --> 00:02:00,240 nehmen wir eine Pille und dann geht es irgendwie weiter. 36 00:02:00,240 --> 00:02:01,800 Und so ist es mit ganz vielen Dingen. 37 00:02:01,800 --> 00:02:04,120 Dieses ständige sich selbst Optimieren. 38 00:02:05,120 --> 00:02:07,360 Die Ausstellung „Paradise Lost“ 39 00:02:07,360 --> 00:02:11,160 handelt eben auch von dem Umgang mit den Tieren, 40 00:02:11,160 --> 00:02:17,080 von dem Verlust der Artenvielfalt, und zeigt eben Tiere 41 00:02:17,360 --> 00:02:20,400 ganz bewusst, die noch natürlich gehalten werden. 42 00:02:20,400 --> 00:02:23,480 Und diejenigen, die sich dieses Werk ganz genau anschauen, sehen, 43 00:02:24,000 --> 00:02:27,560 dass hier unten Bitumen wie hochwächst. 44 00:02:27,600 --> 00:02:30,920 Also wir haben hier an den Beinen immer, das sieht aus wie Dreck. 45 00:02:31,400 --> 00:02:35,240 Das ist so braun, ein braunes Material, 46 00:02:35,240 --> 00:02:38,320 das die Künstlerin Valentina Murabito aufgetragen hat, 47 00:02:39,360 --> 00:02:42,080 das verwenden wir für den Straßenbau zum Beispiel. 48 00:02:42,080 --> 00:02:47,160 Im Asphalt ist das drin oder es ist ein Bestandteil des Asphalts. 49 00:02:47,640 --> 00:02:50,720 Und der Gedanke dahinter ist: 50 00:02:51,000 --> 00:02:54,160 Dieser Lebensraum der Tiere, der schwindet immer weiter. 51 00:02:54,200 --> 00:02:58,240 Also als würde dieses Bitumen die hier 52 00:02:58,280 --> 00:03:03,840 auffressen, sage ich mal oder übertünchen, ersticken den Lebensraum. 53 00:03:04,080 --> 00:03:08,080 Gerade auf Sizilien gibt es eine unheimliche Korruption 54 00:03:08,080 --> 00:03:13,040 in der Baubranche, wo Dinge gebaut werden, die kein Mensch braucht. 55 00:03:13,040 --> 00:03:17,440 Und umso mehr Beton vergossen wird, umso weniger Lebensraum haben wir. 56 00:03:17,440 --> 00:03:20,320 Und darum geht es in dieser Ausstellung. 57 00:03:20,320 --> 00:03:24,800 Das ist ja auch unser Lebensraum, nicht nur von den Schafen und Ziegen und usw.